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RATGEBER

Ab wann ist man zu alt für ein Tattoo?

Gibt es für ein Tattoo jenseits der 50er Marke wirkliche Hinderungsgründe Mit einer Umfrage haben wir vor einiger Zeit, Deutschlands Tätowierer befragt. Wir wollten wissen wie alt ihre Tattoo-Fans sind und welche Probleme mit älteren Kunden auftreten können.

Die in der Überschrift gestellte Frage mutet schon ein wenig komisch an – dennoch ist sie durchaus berechtigt. Tattoobegeisterte Teenager fragen ihre Großmütter, ob sie nicht auch »Bock« auf ein Tattoo haben. In vielen Fällen ist die Antwort: »Ach Kind, dafür bin ich doch viel zu alt.« Aber ist das überhaupt richtig? Existiert so etwas wie eine Maximalaltersbeschränkung, die älteren Menschen ein Tattoo verwehrt? Wohl kaum. Dennoch gibt es für Tattoo-Fans jenseits der 50er Marke das eine oder andere zu bedenken.
Im Grunde genommen gibt es nur zwei Hürden, die ältere Tattoo-Fans auf dem Weg zu ihrem Hautmotiv in den Weg gestellt werden. Die eine Hürde ist, wie so oft, die Gesellschaftliche. Fast ausschließlich in den westlich geprägten Kulturen denken ältere Menschen, dass es sich nicht schicken würde, sich im höheren Alter noch tätowieren zu lassen, genauso wie in die Disco zu gehen oder vor dem Kino wild rumzuknutschen. Indem sich ältere Menschen diesen gesellschaftlichen Zwängen unterwerfen, drängen sie sich selbst aus einem »generationenübergreifenden Miteinander« in unserem Alltag. Weil sie viele Aktivitäten nicht »mehr« mit anderen Generationen teilen, werden sie selbst zu Außenseitern. Mit einem Tattoo drücken viele ältere Menschen ihren Wunsch aus, diese Zwänge zu durchbrechen. Mit einfachen Worten – sie pfeifen auf die Meinung anderer und machen ganz einfach ihr eigenes Ding.

Nach dem zerbröseln der gesellschaftlichen Tattoo-Hürde bleibt noch die Hürde »Haut«. Ältere Menschen haben in der Regel auch eine »ältere« Haut. Das heißt, dass die Haut älterer Tattoo-Fans oft nicht mehr so straff ist, wie die von jungen „Patienten“. Die Haut unterliegt vielen unterschiedlichen biologischen Prozessen. Allen voran steht das chronologische Altern der Haut, die genetisch festgelegte, verminderte Reagibilität der Hautzellen. Hinzu kommen verschiedene Umweltfaktoren wie die Schädigung durch UV-Licht und arbeitsbedingte Belastung. Diese Faktoren nennt man auch Zeitaltern. Zu den Faktoren »Umweltaltern« gehören Hitze, Kälte, Stress, ungesunde Ernährung, Alkohol– und Nikotin-Konsum. In den meisten Fällen kann man sich gegen ein Altern der Haut nicht wehren. Für ein Tattoo muss man das auch nicht unbedingt, denn professionelle Tätowierer wissen sehr wohl mit älterer Haut gut umzugehen. Wir haben uns mit Tätowierern aus Deutschland unterhalten. Hier ein paar Auszüge aus den vielen Antworten.

Benedikt (Art & Style, Ibbenbüren): »Zunächst einmal möchte ich betonen, dass man, meiner Meinung nach, nie zu alt für ein Tattoo ist, im Gegenteil. Ich habe immer das Gefühl, dass Leute, die »älter« sind, sich anständig mit der Materie Tattoo, dem Motiv und dem »drum herum« beschäftigen. Ältere Haut ist oftmals nicht so elastisch und man muss sie beim Tätowieren mehr spannen. Die meisten älteren Kunden suchen sich aber ohnehin relativ straffe Körperstellen aus. Also Oberarme, Knöchel, Schulterblätter und so weiter. Leisten und Innenarme kommen bei mir eigentlich nie vor. Ich selbst arbeite bei älterer Haut immer sehr vorsichtig. Und wenn man die Haut anständig spannt, lässt sich die Tattoo-Farbe auch ziemlich gut verarbeiten… immer noch besser, als bei jemandem, der drei mal die Woche unters Solarium geht. Meiner Erfahrung nach, verlängert sich bei älteren Kunden die Abheilphase der Tätowierung. Mein ältester Kunde war 65 als er sein erstes Tattoo bekommen hat. Er hat sich einen »Arsch mit Ohren« auf die Pobacke tätowieren lassen. Er erklärte damals, dass er mit einem seiner Kegelbrüder im Club eine Wette eingegangen ist. Die Haut war schon ok zum stechen, wobei ich ehrlich sagen muss, dass mir der Po einer 20-jährigen Blondine im direkten Vergleich dann doch lieber gewesen wäre.«

Ralf (Remus Tattoo, Bexbach): »Ältere Haut ist tatsächlich etwas schwieriger zu tätowieren. In manchen Fällen nimmt die Haut die Tattoo-Farbe nicht so gut auf, weshalb man nachstechen muss. Abgeheilt sehen die Tätowierungen dann aber ebenso top aus, wie alle anderen. Ein wenig mehr spannen muss man die Haut beim stechen schon, da man sich aber auf jeden Haut- und Alterstyp ohnehin immer wieder individuell einstellen muss, ist das alles kein wirkliches Problem. Meine älteste Kundin ist bereits über 80 Jahre alt. Sie begleitet immer ihren Sohn zu seinen Tattoo-Terminen und ist schon so lange total fasziniert von Tätowierungen im Allgemeinen. Sie lässt sich dann oftmals von mir als »Schmuck«, wie sie es immer nennt, eine kleine Tätowierung stechen. Das aktuellste Tattoo war eine kleine Mickey Mouse.«

Matthias (Phönix Tattoo, Bernburg): »Erstaunlicherweise ist eine Tendenz zu erkennen, bei der die Kundschaft immer älter zu werden scheint. Als Tätowierer trägt man ja auch ein Stück weit die Verantwortung für das Wohlbefinden der Tattoo-Kunden, sowohl vor, als auch während und nach der Behandlung. Das bedeutet speziell bei älteren Kunden, dass man sich schon im Vorfeld über den allgemeinen Gesundheitszustand des Kunden informiert. Sollte der Kunde etwaige Herzkrankheiten oder Diabetes und die damit einhergehenden Wundheilungsstörungen haben, bitte ich meine Kunden darum, sich vom Hausarzt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für das Tätowieren ausstellen zu lassen. So ist der Kunde selbst nicht so ängstlich und ich als Tätowierer muss mir dann auch keine Sorgen mehr machen.Was die Haut betrifft, so ist ältere Haut natürlich durch stärkere Faltenbildung anders zu behandeln als junge und straffere Haut. Mein ältester Kunde war 78 Jahre alt und hat sich zur Erinnerung an seine verstorbene Frau ihren Vornamen und einen Gedenk-Schriftzug auf den Oberarm stechen lassen.

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