Was in den vergangenen Jahren an Spitzen-Künstlern aus dem Osten kam, ist höchst bemerkenswert. So scheint es z.B. als wäre den vielen russischen Tätowierern das Talent mit in die Wiege gelegt worden. Neue außergewöhnliche Künstler sprießen seit geraumer Zeit, vor allem in der ehemaligen Sowjetunion, wie Pilze aus dem Boden. In Moskau hat sich inzwischen eine große Tattoo-Szene mit internationalen Top-Tätowierern etabliert. Viele dieser Künstler sind in Westeuropa nahezu unbekannt. Einer dieser jungen Tätowierer ist der Moskauer Andrey Barkov, im Internet auch als Grimmy 3D bekannt.
Tattoo-Spirit: Andrey, wann hast du mit dem professionellen Tätowieren begonnen?
Andrey: Wirklich angefangen habe ich erst ab dem Jahr 2009.
Und wie bist du dazu gekommen?
Ich mochte Tattoos eigentlich schon immer. Früher habe ich mir immer in Magazinen und im Internet die Bilder angeschaut. Eines Tages habe ich mir gedacht, dass es Zeit wäre vielleicht meine Leidenschaft zum Beruf zu machen.
Und wie ging es dann weiter?
Nun, hier in Russland ist es nicht leicht ein professioneller Tätowierer zu werden. Als ich anfing konnte ich nirgendwo in die Lehre gehen, so wie es bei euch in Deutschland funktioniert. Ich kannte aber viele Tätowierer aus der Moskauer Szene. Die haben mir dann das Basiswissen vermittelt und noch heute stehen sie mir mit Rat und Tat und vielen wichtigen Tipps zur Seite.
Viele Tätowierer haben vor ihrem Karrierestart Kunstschulen oder ähnliches besucht. Hattest du Vorkenntnisse oder irgendeine Art von Kunstunterricht?
Nein, nicht wirklich. Eigentlich bin ich Programmierer und habe an der Moskauer Universität studiert. Ich hatte also eigentlich keine Ausbildung, die mir beim Start in die Welt der Tätowierungen hätte behilflich sein können.
In Westeuropa kennt man dich eigentlich noch nicht so gut und auf deutschen Conventions hat man dich bislang noch nicht treffen können. Besuchst du überhaupt Tattoo-Conventions?
Einige russische Messen habe ich schon besucht, aber um ehrlich zu sein, fürchte ich mich ein wenig vor großen Menschenmengen. Ich bin also ein bisschen introvertiert und arbeite lieber in meiner vertrauten Umgebung.
Was ist dir besonders wichtig?
Das die Kunden meine Arbeit mögen und mit ihr zufrieden sind, das ist für mich das Allerwichtigste. Ich bekomme viel positives Feedback von Leuten hier aus Russland und aus etlichen anderen Ländern. Diese Bestätigung macht mich als Künstler natürlich ganz besonders glücklich. Dafür arbeite ich, dafür liebe ich diese Arbeit auch so sehr.
Was inspiriert dich und wie würdest du deinen Stil bezeichnen?
Zunächst einmal meinen viele, dass mein Style Realistik sei. Ich sehe meine Arbeiten aber lieber als bildlichen Realismus. Das ist meiner Meinung nach schon ein großer Unterschied. Realistik setzt die reine Reproduktion in den Vordergrund. Bildlicher Realismus beschäftigt sich, wie in meinem Fall, zum Beispiel mit Fantasiewelten und ist dabei bestrebt, die Szenerie realistisch aussehen zu lassen. Meine Inspiration finde ich hauptsächlich durch meine Umgebung. Tiere, Menschen, Städte, Architektur, Kunst, Natur. Wenn du genau hinsiehst, kannst du das Genie der Schöpfung in wirklich allen Dingen erkennen.
Was wünscht du dir als Künstler?
Das man mich als solchen sieht und mich an meinem eigenen Stil wiedererkennt. Das wünsche ich mir. Nicht mehr und nicht weniger.
Arbeitest du auch auf anderen Medien außer der menschlichen Haut?
Ja, ich male unglaublich gerne. Doch im Moment fehlt mir schlichtweg die Zeit dafür. Dabei würde ich so gerne viel öfter zu Pinsel und Farbe greifen. Eine Zeit lang habe ich mich viel mit Computer-Grafiken und 3D-Modellen beschäftigt. Auch das ist eine gelungene und befriedigende Abwechslung vom täglichen Tätowieren.
Und was machst du, wenn du dich nicht mit Kunst beschäftigst?
Ich verbringe so viel Zeit wie möglich mit meiner Familie. Ich gehe mit meiner Tochter Lisa spazieren, Ich liebe es, zu historischen Orten zu reisen, Ausstellungen und Museen zu besuchen. Ich esse gerne, trinke gerne gutes Bier und verbringe viele ruhige Abende mit meinen Freunden.
Welche Künstler hast du zum Vorbild?
Da gibt es so viele. Ich werde es wohl kaum schaffen, sie alle hier aufzulisten. Ich habe immer die Arbeiten von Kathy Mikky und Dmitriy Samohin bewundert. Bei internationalen Tätowierern fallen mir auf jeden Fall Cecil Porter, Nikko Hurtado, Joshua Carlton, Markus Lenhard, Liz Cook und John Anderton ein. Aber wie gesagt, da gibt es eigentlich noch so viele andere, deren Tätowierungen ich wirklich bewundere.
Ein spezielles Tattoo, das du noch nicht gestochen hast, welches du aber liebend gerne einmal unter die Haut bringen würdest?
Oh je, ich bin ja noch wirklich nicht so lange Tätowierer und daher gibt es wohl noch unglaublich viele Motive, die ich stechen möchte. Ein gigantischer Ameisenkopf als komplettes Rückentattoo – hab ich so noch nie gesehen – wäre also bestimmt reizvoll (lacht).
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Andrey Barkov, einem ganz besonderen Tattoo-Künstler, der eigentlich erst ganz am Anfang einer großen Karriere steht. Mehr Informationen mit und über Andrey findet ihr hier: Facebook