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Wenn eine Krankheit Tattoo-Fans Diskiriminiert

Der Engländer Rob Curtis beklagt die Auftrags-Ablehnung eines Londoner Tattoo-Studios aufgrund seiner HIV-Krankheit. Verständnis für den Kunden oder doch den Tätowierer? Wir haben auf unserer Webseite bei unseren Lesern einmal nachgefragt. Hiv zählt immer noch zu den heimtückischsten Krankheiten der Gegenwart. Immer noch werden die Träger des Virus stigmatisiert und abgelehnt, aus Angst vor Ansteckung. Diese Erfahrung musste gerade ein 36-jähriger Tattoo-Kunde in London machen.

Rob Curtis wollte in einem bekannten Studio im Ostteil der Stadt ein Tattoo in Auftrag geben. Die Kosten sollten nach ersten Beratungsgesprächen bei ca. 1.000 Pfund liegen. Nachdem Rob der Tätowiererin mitteilte, dass er HIV-Positiv ist, lehnte sie den Auftrag zunächst ohne Angabe von Gründen ab. Erst nach mehrfachem Nachfragen wurde Curtis durch ein Shopgirl erklärt, dass sich die Tätowiererin nicht wohlfühlen würde, einen Kunden mit HIV zu tätowieren. Das Ganze passierte nur gut eine halbe Stunde vor dem eigentlich Tattoo-Termin.
Der abgelehnte Kunde erklärte hingegen, dass sich doch kein Tätowierer Sorgen bezüglich der Ansteckungsrisiken machen müsse, solange er ordnungsgemäß und hygienisch arbeiten würde. Es blieb jedoch dabei. Die Tätowiererin wollte Curtis nicht als Kunden haben.
Mitlerweile hat dieser bei der englischen Kommission für Menschenrechte eine öffentliche Beschwerde eingereicht. Es geht ihm natürlich nicht mehr nur darum, von eben dieser Tätowierin ein Tatto zu bekommen, sondern um die Stigmatisierung und die damit verbundene Ungleichbehandlung anzuprangern.

»Ich bin schwul und hatte schon früher wegen meiner Sexualität mit Diskriminierungen zu kämpfen,« erklärt Curtis, »aber diese Situation ist mir neu und ich kann sie so auch nicht ohne weiteres akzeptieren.« Curtis sollte kurz vor dem Tattoo-Termin einen Standard-Fragebogen ausfüllen, wie er täglich in tausenden von Studios weltweit den Kunden vorgelegt wird. Curtis füllte den Fragebogen wahrheitsgemäß aus und machte auch bei der Frage nach einer HIV-Erkrankung ein Kreuzchen. Kurz nachdem er den Bogen dem Shopgirl übergab kam diese wieder zu ihm und erklärte, dass die Tätowiererin keine HIV-Positiven bedienen würde. Er versuchte zu erklären, dass seine antiviralen Medikamente ein Ansteckungsrisiko nahezu gegen null minimieren. Die Tätowiererin wollte davon nichts wissen. Sie wollte ihre Begründung noch nicht einmal persönlich überbringen sondern überließ dies einer Praktikantin. Zusätzlichen Ärger bereitete die Tatsache, dass das Studio die von Curtis geleistete Anzahlung zunächst nicht wider erstatten wollte. Erst als er sich weigerte das Studio zu verlassen, solange er seine Anzahlung nicht zurückerhalten hätte und er mit rechtlichen Konsequenzen drohte, zahlte man den fälligen Betrag zurück. Curtis hat zwar einerseits Verständnis für die Sorgen und Bedenken, die Nicht-Invizierte ihm gegenüber haben, doch auf der anderen Seite ist er von dem Verhalten der Tätowiererin doch sehr enttäuscht.

Dr. Michael Brady, ein englischer Spezialist in der HIV-Forschung erklärt, das nicht ein einziger Fall bekannt ist, in dem ein Tätowierer durch einen HIV-positiven Patienten angesteckt wurde. »Wenn ein verantwortungsvoller Tätowierer seine Hygienerichtlinien gewissenhaft befolgt, gibt es keinen medizinischen oder rechtlichen Grund, einen HIV-positiven Kunden abzulehnen. Ein Infektionsrisiko ist im Grunde nicht wirklich vorhanden.«

Curtis versuchte die Tätowiererin über die Social Media zu kontaktieren. Nach etlichen Versuchen antwortete sie und beteuerte, dass ihre Ablehnung auf rein persönlichen Gründen beruhe und in keiner Weise diskriminierend wäre. Das sah der Kunde natürlich anders und beruft sich hier auch auf geltendes europäisches Recht, dass das Thema Menschrechte und Diskriminierung ganz klar regelt. Juristisch strebt Rob Curtis aber keine Entscheidungen oder Aktivitäten an, denn es ginge ihm, wie er immer wieder betont, allein um das Anprangern der verletzenden Stigmatisierung. Er wünschte sich zudem, dass das Londoner Studio öffentich zu seinen Vorwürfen Stellung nimmt und sich von einem HIV-diskriminierenden Verhalten distanziert. Eine solche Stellungnahme hat das Studio bis heute abgelehnt.

Die Frage, die sich viele nun stellen, ist, wie man mit einer solchen Situation umgehen sollte. Die Stimmen und Meinungen dazu sind sehr unterschiedlich aber bei beiden Seiten im Grunde gut nachvollziehbar.
So fragt unser Leser Denis aus Rüdesheim: »Okay, und was ist mit den Rechten des Künstlers? Wann darf er ein Tattoo oder einen Kunden ablehnen? Ebola, H1N1? Legionärs Grippe? Soll ein Tattoo-Athetist ein religiöses Motiv des Kunden ablehnen? Der Christ verweigert sich dem Moslem, der Star Wars Anhänger lehnt das Tattoo des Star Trek Fans ab? Wo soll man Grenzen ziehen? Ich finde der Tätowierer hat durchaus das Recht ein Tattoo abzulehnen, wenn im dabei nicht wohl ist. HIV ist nach wie vor eine tödliche und bis dato unheilbare Krankheit. Für eine 100 prozentige Sicherheit gegen eine Infektion gibt es nun mal keine 100 prozentige Garantie. Da helfen mir persönlich auch keine medizinischen Statistiken, sondern zu allererst mein eigenes Bauchgefühl. Ein Tätowierer sollte imer auch mit dem Ergebnis eines Tattoos zufrieden sein können, nicht nur der Kunde.«
Sabine aus Hamburg meint hingegen:
»Wenn sich der Tätowierer vernünftig mit Hygiene auseinander setzt, Handschuhe trägt, etc, dann besteht doch kein Grund zur Panik, oder? Außerdem wird er ja für die Arbeit bezahlt, daher sollte er auch einen solchen Auftrag annehmen. Ich finde es schon ein wenig schade, dass Leute nur wegen ihrer Krankheit diskriminiert werden. Das sollte so nicht sein.«
Roberto aus Unna schreibt: »Ein Tätowierer behandelt doch schon alle Kunden so, als hätten sie HIV, Hepatitis oder andere Krankheiten. Das ist der Grund, warum er Handschuhe trägt, seine Maschine einpackt und alle möglichen DInge als Einweg-Produkt verwendet. Durch dieses Verhalten senkt er ein mögliches Ansteckungsrisiko gegen null. Er verlangt ja vor dem Tattoo auch keine Blut- Urin-, Stuhl- und Speichel-Probe um den Kunden auf mögliche Krankheiten zu untersuchen. Es ist traurig, dass trotz allem das Stigma des HIV noch imer so lebendig und allgegenwärtig ist.«
Gonzo aus Leipzig schreibt: »Wenn dein Vertrauen in deine eigene Studiohygiene so schlecht ist, dass du einen HIV-Patienten ablehnen musst, dann solltest du ehrlich gesagt kein professionelles Studio betreiben. In den Studios, die ich kenne, ist es sauberer als in den meisten Krankenhäusern. Rob war so ehrlich und hat seine HIV-Erkrankung im Fragebogen nicht verschwiegen. Dann sollte man als Tätowierer auch die Eier haben, ihm seinen Tattoo-Wunsch zu stechen. Wenn einem dabei wirklich so unwohl ist, dann macht man eben alles noch ein wenig sauberer und arbeitet noch gewissenhafter. Da kann nix passieren.«
Die unterschiedlichen Meinungen gehen in den Zusendungen hin und her. Viele sind mit Rob Curtis einer Meinung, andere haben aber auch Verständnis für die Tätowierin.
Wie ist deine Meinung zu diesem Thema? Schreib uns: info@tattoo-spirit.de

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