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Checker Demon – Stuttgart

Was schreibt man bloß über einen Künstler wie Luke Atkinson? Daß seine Arbeiten den höchsten Ansprüchen in allen Bereichen genügen, weiß eigentlich jeder, der sich auch nur ein wenig für Tätowierungen interessiert. Ebenso, daß er ein Meister der asiatischen Stilrichtung ist. Also vielleicht doch lieber eine Art Biographie? Geht aber leider auch nicht, denn um alle Stationen seines Werdegangs in angemessener Weise zu erläutern, bräuchte man… so circa… das gesamte Heft. Kaum ein anderer Tätowierer in Deutschland hat so viel über sein (noch recht junges) Leben zu berichten wie Luke. Deshalb versuche ich es auch gar nicht erst. Lieber picke ich mir einige Sachen heraus und erzähle von ihm, wie ich ihn persönlich kennengelernt habe: als einen äußerst sympathischen Menschen, liebevollen Vater und hervorragenden Künstler.

Genau genommen habe ich ihn aber schon einmal, ganz kurz und viel früher, getroffen. Das muß nun aber schon weit über 15 Jahre her sein und zählt nicht wirklich. Damals war er kurz zu Besuch bei Anke und Dieter (Elektrische Tätowierungen, Köln), wo ich mich zufällig auch gerade aufhielt, da zu dieser Zeit mein bester Freund Kai (jetzt KailitosWay, Duisburg) dort bereits die Nachfolge von Luke angetreten hatte. Und genau in diesem Studio fängt auch meine Geschichte über ihn an: Als Sohn einer Künstlerfamilie (Vater Maler, Mutter Modedesignerin) hat er nicht nur eine gehörige Portion Talent in die Wiege gelegt bekommen, sondern auch in frühen Jahren damit begonnen, die Welt zu bereisen und für sich zu entdecken. Aus England stammend, trieb es ihn als Jugendlichen nach Köln, wo er auch seine eigentliche Ausbildung zum Tätowierer, eben bei “Elektrische Tätowierungen“, absolvierte. Da war er gerade mal 17 Jahre alt und hatte zuvor bereits etwa ein Jahr in England und Deutschland erste Erfahrungen gesammelt. (Mal so ganz nebenbei: Vorlagen für Tätowierungen entwarf er bereits mit 13 Jahren.) „Damals habe ich mich ein paarmal von Dieter tätowieren lassen und ihn gefragt, ob er mir nicht etwas beibringen könne. Aber Anfangs wollte er nicht so recht. Eines Tages wollte er dann plötzlich doch Sachen von mir sehen und hat mir daraufhin auch die Stelle gegeben. Das war für mich ein Gefühl, als hätte ich im Lotto gewonnen.“ Seine Pläne, Europa intensiver zu bereisen hatte Luke somit kurzerhand um zweieinhalb Jahre verschoben, denn solange blieb er dem Kölner Studio treu. Dann jedoch wurde der Drang bzw. sein Fernweh zu groß, um noch länger an ein und demselben Ort zu bleiben. Erst einmal ging es zurück nach England, wo er u.a. mit Micky Sharpz zusammenarbeitete, und dann nach New York, wo auch sein Vater lebt und Luke eine Zeit lang in einem angemieteten Apartment tätowierte. Doch war da noch sein Traum von Japan, der ihn seit frühester Jugend verfolgte und ihn auch über die Jahre hinweg nicht mehr losließ. Die japanische Kunst des Tätowierens sowie deren Kultur hatten es ihm angetan, was seinem Stil auch deutlich abzulesen ist. Diesen Traum erfüllte er sich dann mit 21. Von den folgenden fünf Jahren sollte er ganze dreieinhalb dort verbringen (ab und zu mußte er das Land aus Visatechnischen Gründen wieder verlassen). Diese Zeit sollte zu einem Meilenstein seiner Karriere werden. „Bei meinem ersten Aufenthalt habe ich Horiwaka kennengelernt und eine gute Zeit mit ihm verbracht, und danach habe ich Horiyoshi III kennengelernt und noch sehr viel mehr Zeit mit ihm verbracht.“ Was sich hier so einfach anhört, war aber eher eine große Ehre. Damals gab es nicht so viele Studios in Japan wie heutzutage, und ausländische Tätowierer kannte man im Grunde überhaupt noch nicht (was sich nicht zuletzt durch Luke ändern sollte). Und man darf auch nicht vergessen, daß sich die japanische Kultur, besonders was das ehrenhafte Verhalten betrifft, sehr von der europäischen unterscheidet. Da mußte man sich schon anstrengen, um überhaupt ernstgenommen zu werden. Luke hingegen war sofort integriert. Zwei- bis dreimal die Woche hielt er sich bei Horiyoshi III auf und wurde zu seiner Überraschung bereits nach kurzer Zeit behandelt wie ein Familienmitglied. „Horiyoshi hat mich sozusagen unter seine Fittiche genommen und mir das Gefühl gegeben, Teil seiner Familie zu sein. Das war sehr schön für mich, und ich war sehr überrascht, wie offen er schon damals war.“ Ziemlich außergewöhnlich war im übrigen auch, daß Luke ­ohne Schwierigkeiten ein eigenes kleines Studio in Tokio betreiben konnte – alles andere als normal für diese Zeit. Eine ganz besondere Ehre sollte ihm allerdings bereits zuvor zuteil werden: „Eines Tages sagte Horiyoshi zu mir, daß er einen Kunden hätte, der etwas Kleines von mir haben wolle. Ich war sehr glücklich darüber, auch weil ich zu dieser Zeit jeden Cent gebrauchen konnte. Als ich dann so gegen 19.00 Uhr in sein Studio kam, war allerdings kein Kunde da. Aber Horiyoshi meinte, ich solle schon mal meine Sachen auspacken und alles aufbauen. Dann erklärte er mir plötzlich, daß er eine Spinne im Nacken haben wolle. Da war mir klar, daß es sich bei dem Kunden um ihn persönlich handelte, und ich hätte mir daraufhin am liebsten in die Hose gemacht. Naja, jedenfalls habe ich ihm die Spinne dann entworfen und auch tätowiert. Das war eine wirklich tolle Erfahrung.“ Und umso bedeutender, wenn man bedenkt, daß Luke neben Ed Hardy der einzige Europäer war (oder noch ist?), den Horyoshi III überhaupt an seine Haut gelassen hat.

Das alles ist schon lange her, und weitere Reisen rund um den Globus sollten noch folgen. Einmal z.B. hat er einfach sein Equipment in den Koffer gepackt und ist nach Hawaii geflogen. „Da habe ich mir ein Studio angesehen und gedacht, daß ich da gerne mal arbeiten würde. Also bin ich mit meinem Koffer dort rein, habe meine Arbeiten gezeigt und gefragt, ob sie nicht einen Job für mich hätten. Und man hat mich sofort freundlich aufgenommen. Das war alles ganz einfach.“ Ganz nebenher eröffnete er zwischen seinen Reisen sein Stuttgarter Studio “Checker Demon Tattoos“, wobei der Name an die alten, gelben New Yorker Taxis angelehnt ist, wovon Luke auch selber eins fährt (als Checkers bezeichnet man dabei die schwarz/weißen Käst­chen, die diese Taxis schmücken.). Seinen Künstlernamen “Ratattoo“, der auf seine Schulzeit zurückzuführen ist, da Lukes Spitzname seinerzeit “Ratty“ lautete, wollte er nicht für sein Studio benutzen, denn sein Studio sollte offen für Künstler aus der ganzen Welt und nicht an eine Person gebunden sein. Die ­guten Bedingungen und die Herzlichkeit, die er selber auf seinen langen Reisen erfahren hatte, sollten andere Künstler ebenso in seinem Studio vorfinden.Und genau da bin ich auch endlich bei meinem Besuch angelangt: Kaum daß ich angekommen war, traf auch schon Blaise ein (Tin Tin Tatouage, Paris), um wieder eine Weile bei Luke zu arbeiten und eine gute Zeit dort zu verbringen. Blaise gehört wie Jason Saga (Into You, London) und einigen anderen zu den Gästen, die immer wieder mal bei Luke arbeiten und das Studio mit Kelu (dem zweiten, festen Tätowierer) und Jens (dem Lehrling) vervollständigen. Kelu ist im übrigen auch ein herausragender Künstler und paßt zu Luke wie der sprichwörtliche Deckel auf den Topf. Genau wie Luke beherrscht er alle Stilrichtungen, doch in letzter Zeit haben es ihm besonders OldSchool-Motive angetan. Einen Blick auf deren Internetseite www.checker-demon.de zu werfen, lohnt sich also schon allein, um sich auch mal Kelus Arbeiten anzusehen.

Wie man leicht merkt, ist so einiges los bei “Checker Demon“, allerdings gab es schon Zeiten, in denen noch weit mehr Trubel herrschte. Doch vor gut anderthalb Jahren ist Luke Vater geworden, und seitdem läßt er es ein wenig ruhiger angehen. Töchterchen Emily und Gattin Anja spielen heute die Hauptrollen in seinem Leben. Und wer ­Luke auch nur ein einziges Mal mit den Beiden erleben durfte, weiß, warum. „Emilys Geburt war eine ganz große Sache in meinem Leben. Ich wußte, daß es irgendwann passieren würde, und jetzt war genau der richtige Zeitpunkt dafür. Ich bin wirklich sehr glücklich darüber.“ Diese zufriedene Gelassenheit strahlt er auch aus. Er gehört eben zu den Menschen, die ihren Traum gelebt haben und weiter leben, anstatt ihn nur zu träumen, mit viel Talent und noch mehr Ehrgeiz.

Und deshalb soll das letzte Wort auch Luke gehören: „Man kann sehr, sehr glücklich sein, wenn man die Möglichkeit hat, als Tätowierer arbeiten zu können. Es gibt fast keine Grenzen. Du hast überall auf der Welt die Möglichkeit, zu arbeiten. In keinem anderen Beruf hast du solch eine Freiheit. Das sollte man genießen und niemals vergessen.“ «

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