Der junge Hairstylist Noel betritt den Laden und man hat einen gepflegten und überaus ansehnlichen, jungen Mann vor sich. Dann zieht er seine Jacke aus, krempelt die Hemdsärmel hoch und man denkt: Au Backe, der Arm-Sleeve ist aber ziemlich in die Hose gegangen.
Noel hat den kompletten rechten Arm zu und wenn wir schreiben »zu« dann meinen wir auch »zu«. Zwei mehr schlechte als rechte mandalaähnliche Motive erstrecken sich als Negativ auf dem Unterarm, zusammen mit einer Rose auf dem Handrücken, während der komplette Rest des Arms in tiefes Schwarz getaucht ist. Das dunkle Etwas auf Noels Arm ist das Ergebnis etlicher Cover-Ups, von Cover-Ups, von Cover-Ups. Dabe wurden die Hautbilder leider immer wieder privat und nie von verantwortungsbewußten Profis gestochen. „Damals dachten wir, das sei einfach cool und die Mädchen würden drauf stehen. Irgendwann bekamen wir dann mal Tattoo-Magazine in die Finger und mussten feststellen, was eigentlich möglich ist und was wir uns da auf die Haut gebraten haben.“
Für Laserentfernung fehlte ihm meist das Geld und irgendwann war es ihm aber auch egal
Für Laserentfernung fehlte ihm meist das Geld und irgendwann war es ihm aber auch egal. Heute hat er sich mit seinem Arm arrangiert. Er nennt ihn, mit selbstbewußtem Galgenhumor Schrotti und wenn ihn jemand darauf anspricht, erzählt er eben diese Geschichte. »In der Anfangszeit im neuen Haarsalon haben mich natürlich sehr viele Kunden auf den Arm angesprochen. Ich habe ihnen dann immer von Schrotti erzählt und die meisten lachen herzlich darüber, wahrscheinlich, weil sie die Einstellung und die Ehrlichkeit mögen, mit denen ich das Thema behandle. So bin ich eben immer gut gefahren und habe dabei im Grunde nie wirklich negative Erfahrungen machen müssen.“
Die vielen Leute, mit denen Noel tagtäglich zu tun hat, respektieren ihn im Persönlichen für seinen Charakter und im Beruflichen für seine Professionalität und Qualität. „Heute ist es ja den meisten eh egal, ob du total bunt bist oder auch nicht. So lange du nicht als Banker mit nem Maori-Mokko daherkommst, interessiert es doch die meisten Leute wirklich nicht mehr. Dennoch wünsche ich mir bei den heute möglichen Tattoo-Arbeiten, dass ich damals ein wenig besser nachgedacht hätte. Und genau das rate ich gerne auch jungen Leuten vor ihrem ersten Tattoo“