Es ist immer wieder erstaunlich wie große Künstler zugleich auch sehr angenehme Zeitgenossen sind. Großes Talent und Bescheidenheit scheinen oftmals sehr eng miteinander verbunden zu sein, so wie beim brasilianischen Tätowierer Richard Arthur. Das er zugleich derart realistische Portraits und Motive sticht, wie man es weltweit nur äußerst selten sieht, steht dabei noch auf einem ganz anderen Blatt.
Richard sieht sich selbst als Arbeiter, nicht unbedingt als Künstler, auch wenn er dies von Tag zu Tag öfter zu hören bekommt. Er ist unglaublich bescheiden, höflich und respektvoll. Ein durch und durch angenehmer Mitmensch, bei dem man sich besonders gern unter die Nadel legt. Derart begabte Tattoo-Künstler teilen sehr selten ihr Wissen, sondern hüten es in der Regel wie einen geheimen Schatz. Ganz anders Richard Arthur. Er teilt sowohl auf Instagram, als auch auf Youtube und in Seminaren regelmäßig sein Fachwissen mit ambitionierten Kollegen aus aller Welt. Er ist im Grunde in fast allem das Gegenteil von einem Tätowierer, wie man ihn sich klischeehaft vorstellen könnte.
Richard tätowiert eigentlich erst seit ca. sechs Jahren professionell. Gezeichnet hatte er schon immer und vor seiner Tattoo-Laufbahn so einiges andere ausprobiert. „Ich habe viel Musik gemacht und dann einen Musikladen für Instrumente eröffnet, ich war im Finanzmanagement tätig, hab viel studiert und echt die unterschiedlichsten Jobs gemacht. Aber nie hatte mich etwas derart erfüllt wie das Tätowieren.“ Früher sah er sich selbst nie in diesem Beruf, konnte sich einfach nicht vorstellen, Leute bunte Tinte unter die Haut zu stechen. Es waren seine Freunde, die schon früh sein großes Talent entdeckten und ihn zum Tätowieren ermutigten. „Irgendwie ist das Tätowieren dann einfach passiert. Es war nie etwas, das von langer Hand geplant war. Wahrscheinlich war es eben schon immer da, ohne das ich mir dessen bewusst war. Schaue ich zurück, denke ich, es war Schicksal, und ich bin jeden Tag unendlich dankbar dafür.“
Bei allem Talent musste auch Richard zuerst üben, üben, üben. Erst auf Papier, später mit seiner ersten Maschine auf Kunsthaut und dann irgendwann auf seinen Freunden. Diese Zeit des Lernens hat ihn bis heute geprägt, und er sieht seinen Weg noch lange nicht am Ende, sondern versucht von Tag zu Tag mehr zu lernen und sich weiterzuentwickeln. „Am Anfang war ich auf der Suche nach der für mich perfekten Technik. Jetzt hat sich mein Fokus verändert, und er richtet sich mehr auf die künstlerische Weiterentwicklung.” Dieser künstlerische Aspekt ist es auch, der das Miteinander mit seinen Kunden bestimmt. „Viele denken immer, Tätowierer verkaufen Tattoos. Das stimmt nicht, sie verkaufen ihre Zeit. Natürlich ist das fertige Produkt wichtig, doch der Weg dorthin ist in den meisten Fällen noch viel wichtiger. Vielen meiner Kunden sind die Bedeutungen von Ästhetik, Platzierung und Motiv-Geschichte gar nicht so bewusst. In meinen persönlichen Gesprächen mit ihnen öffnet sich dann ihr Geist, sie sind offen für eine konstruktive Entwicklung ihrer Tattoo-Idee, und kaum ein Kunde erhält zum Schluss ein Tattoo, dass der ursprünglichen Idee ähnlich ist.
Allüren sind Richard vollkommen fremd, auch wenn er von vielen Bewunderern, vor allem in Südamerika, wie ein Tattoo-Rockstar gefeiert wird. „Früher stand immer der Name des Studios im Vordergrund. Den Namen des Tätowierers erfuhren Kunden ja erst später im Studio selbst, wenn sie nach einem Motiv und einem Termin fragten. Die sozialen Medien haben das alles völlig verändert. Umfangreiche Portfolios sind in Sekundenbruchteilen verfügbar, und der Name eines Tätowierers scheint heute so hell zu strahlen wie Studionamen früher.“ Das sind für Richard alles Umstände, die ihm nicht wichtig erscheinen. Seine eigene Entwicklung, der konstruktive Austausch mit Kollegen und natürlich die Zufriedenheit seiner Kunden zählen zu den absoluten Prioritäten in seinem Tattoo-Alltag.
Richard Arthur
www.richardarthur.com.br
Instagram: richard.arthur.tattoo